Gegen den Strom

Eigentlich wollte ich heute etwas ganz anderes schreiben.

 

Aber gerade sind meine positiven Gefühle, die ich dank euch allen in den letzten Tagen hatte (VIELEN DANK für die ganzen Rückmeldungen und Kommentare!) total überdeckt von einem anderen Thema.

 

Mein Mann sagte, als ich nach Hause kam, ich würde „totunglücklich“ aussehen...

 

Ja. Denn der Freude zu folgen und auf sein Herz zu hören bedeutet auch, gegen den Strom zu schwimmen. Das ist mir heute wieder einmal schmerzlich bewusst geworden. Und es ist auch schwierig, der Freude zu folgen wenn man Verantwortung hat für ein kleines Kind. So fühlt es sich jedenfalls im Moment für mich an. Denn manchmal weiß man einfach nicht, was richtig ist und was falsch.

 

Mein Goldschatz ist jetzt zweieinhalb Jahre alt und wir haben vor einiger Zeit angefangen, ihn im Kindergarten einzugewöhnen. Einmal pro Woche soll (?) er dort hingehen, damit ich 4-5 Stunden arbeiten kann in meinem alten Beruf. Es lief mal schlechter und mal besser mit der Eingewöhnung und am Montag habe ich mich dann bequatschen lassen, dass es jetzt mal Zeit wäre, den Kleinen alleine dort zu lassen. Stundenweise hatte es in den Wochen zuvor schon mal geklappt. Sie sagten, er müsse das schließlich mal lernen, es gäbe ja immer mal schlechte Tage und außerdem ist es eh so, dass die Mütter mit der Trennung viel mehr Probleme haben, als die Kinder.

 

Ich bin dann schweren Herzens gegangen, obwohl ich wusste, dass mein Kind weinen wird. Und natürlich habe ich auch geweint. „Da müssen alle Mütter durch“, sagte man mir. Und ich hatte dennoch das Gefühl, dass nur ICH damit ein Problem habe, dass ich schwach bin und dass ich mich „blöd anstelle“….

 

Als ich meinen Sohn dann mittags wieder abgeholt habe, lief er mir quer über den Spielplatz freudestrahlend entgegen. Sie sagten mir, er hätte nur 3 Minuten geweint und war dann den ganzen Vormittag fröhlich. Zum Beweis zeigten sie mir Videos und Fotos, die sie in der Zeit von ihm gemacht hatten.

 

Ich war so froh und wir gingen guter Dinge nach Hause. Ich glaubte den Erzieherinnen und mein Sohn sagte mir auch, dass es schön war dort im Kindergarten.

 

Soweit so gut.

 

Heute haben wir uns dann mit zwei befreundeten Müttern und ihren Kindern getroffen und ich habe das Thema nochmal angesprochen. Da wurde mir erst richtig klar, dass ich überhaupt gar nicht so gehandelt hatte, wie ich es mir eigentlich immer vorgenommen hatte.

 

Ich habe mein Kind im Stich gelassen. Ich habe ihn irgendwo gelassen, wo er ohne mich nicht hatte sein wollen, auch wenn er sich natürlich damit arrangiert hat.

 

Es zerreißt mir jetzt noch fast das Herz, wenn ich daran denke.

 

Seit er auf der Welt ist, habe ich schon so viele alte „Erziehungsmuster“ über Bord geworfen, habe auf mein Herz gehört, habe ihn ernst genommen und bin ihm auf Augenhöhe begegnet. Und jetzt liefere ich ihn einfach irgendwo ab, nur um ein paar Stunden arbeiten zu können????

 

Die Quittung habe ich übrigens auch schon längst von ihm bekommen. Er ist jetzt nämlich total misstrauisch und lässt mich nicht mehr aus den Augen. Er hängt mir buchstäblich am Rockzipfel -  ja, nicht mal aufs Klo darf ich mehr alleine gehen, weil er ständig befürchtet, ich könnte ihn wieder alleine lassen.

 

Total verständlich.

 

Und morgen sollen wir da jetzt wieder hin. Die Erzieherin meinte, dieses Mal soll ich ihn nur noch übergeben und dann gleich wieder gehen. Egal, ob er das will oder nicht. Es gefällt ihm ja dort. Ich muss mich halt von ihm lösen können. Sie kümmern sich schon gut um ihn.

 

Verstehst du meinen innerlichen Kampf?

 

Ich möchte das nicht. Ich möchte mein Kind nicht gegen seinen Willen einfach irgendwo abliefern. Das ist mir jetzt noch mehr klar geworden. Aber ich fürchte mich vor der Konfrontation. Ich habe Angst mich auf die Hinterfüße zu stellen und zu sagen „Nein. Ich mache es trotz dem anders, auch wenn andere Mütter vielleicht nicht so „schwach“ sind wie ich.“

 

Das Ganze zieht ja auch noch einen ganz anderen Rattenschwanz mit sich mit. Denn wenn ich jetzt entscheide, dass ich das nicht mache, dann werde ich auch in Zukunft so handeln und dann wird es schwierig werden, wieder in einen normalen Job zurückzukehren.

 

Aber habe ich denn überhaupt eine Wahl?

 

Ich möchte der Freude folgen. Und es macht mir sicherlich keine Freude, mein Kind so zu behandeln. Ich würde ja schließlich auch nicht so behandelt werden wollen. Noch dazu von der Person, von der ich abhängig bin und die mir emotional so nahe steht, wie sonst niemand.

 

Nein. Das hat mir Freude nichts zu tun. Und wenn meine Entscheidung zur Folge hat, dass ich mich beruflich anders orientieren muss….. dann ist das eben so.

 

Wer weiß, vielleicht tun sich ja auch noch ganz andere Türen auf, von denen ich jetzt noch gar keine Ahnung habe. Und vielleicht brauchen wir einfach nur noch ein bisschen mehr Zeit.

 

Gegen den Strom zu schwimmen ist manchmal wirklich schwer.

 

 

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